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Der
Ausstellungsraum im Küchengartenpavillon:
Ulrich
Barth zieht
Bilanz über die letzten fünf Jahre bei Quartier e.V.
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Seit fünf
Jahren gibt es jetzt bereits die Ausstellungsreihe
„Feine
Kunst aus hannoverschen Ateliers“ im Küchengartenpavillon auf dem
Lindener Berg. Ein Angebot von Quartier e.V. an Hannover und seine
Kunstszene. Ziel ist es, hannoverschen Künstler:innen eine Plattform
zu bieten und somit das Ausstellungsangebot unserer Stadt zu
bereichern. |
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Es passt alles gut zusammen. Quartier e.V. hat 2002 den
Küchengartenpavillon von der Stadt Hannover zur Verfügung gestellt
bekommen. Zu viel Vandalismus hatte das arme Gebäude bereits hinter
sich – es stand zu lange leer. Jetzt wurde es wieder belebt und
meist mit historischen Ausstellungen über Linden bestückt und für
die Allgemeinheit geöffnet. Unser Verein hat seitdem über Linden
geforscht, publiziert und in Rundgängen und Ausstellungen
veröffentlicht, was von unseren Soziologen und Historikern
herausgefunden wurde. Kunst gab es gelegentlich auch zu sehen, das
war aber eher das Stiefkind des Vereins. Die Ausstellungen waren nur
so schön, wie der jeweilige Künstler oder die Künstlerin es
leisten konnte. |
Quartier
e.V. im Küchengartenpavillon
Am Lindener Berge 44 - 30449 Hannover
kuechengartenpavillon@quartier-ev.de |
Mit der Zeit machten die Historiker sich rar auf dem Lindener Berg
und das Scillafest, ihre Jahreshauptattraktion, brachte zunehmend
seinen erschlagenden Moment mit sich, da der Besucherstrom, auf einen
Tag konzentriert, nicht abriss. Die wenigen Verbliebenen des Vereins
kamen an den Rand der Zumutbarkeit, der Küchengartenpavillon drohte
jedes mal zu Platzen. Veränderungen wurden nicht diskutiert. Jonny
Peter, als einer der letzten Gründungsmitglieder, stand für die
Verwaltung des Vereins und des Gebäudes nur noch allein da. Er
brauchte unbedingt Entlastung und wollte das Engagement wieder auf
mehrere Köpfe verteilen. |
Öffnungszeiten:
dienstags, freitags und sonntags
von 15 bis 17 Uhr
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Mein Beitritt 2017 zum Verein Quartier e.V. brachte Entlastung für
Jonny Peter. Als bildender Künstler wollte ich nicht in seinen
Fußstapfen wühlen und konnte es auch nicht. Eine neue Ära kündigte
sich an, die der Kunst mehr Aufmerksamkeit bringen sollte. „Wenn
die Stadt die Belebung bezahlt, soll sie auch etwas davon haben“,
so war vorher die Zielsetzung des Vereins und sie sollte auch so
bleiben. Die geschichtlich erarbeiteten Bücher und Hefte waren bald
vergriffen, Plakate und Postkarten werden nur noch zur Scillablüte
im März herausgeholt und angeboten. Jetzt sollte in den Räumen der
Blick frei werden für die gezeigten kunstvollen Arbeiten. |
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Durch den Einstieg engagierter Leute waren sechs Einzelausstellungen
im Jahr mit unserer Ehrenamtlichkeit zu leisten. Eine Buchhalterin
war nötig, organisatorische Aufgaben und künstlerische Betreuung
wurde auf mehrere Köpfe verteilt, eine Grafikerin für die
Außendarstellung, neue Redner:innen brachten andere Gedanken hinein
und Mitglieder, die nur für die Öffnungszeiten Dienst schieben
wollten, meldeten sich. Obwohl scheinbar nichts ohne mich ging,
funktionierte der Laden plötzlich wieder. Dafür möchte ich mich an
dieser Stelle bei allen bedanken. |
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Der Name „Feine Kunst aus hannoverschen Ateliers“ ist Programm.
In unserer ersten Ausstellung nach dem neuen Konzept wurde Dieter
Kist in den Küchengartenpavillon eingeladen. Seine Ausstellung wurde
aufwändig besprochen und hat uns erste Erfolge und Begrenzungen der
Möglichkeiten aufgezeigt. Der Raum unter der Kuppel des
Küchengartenpavillons ist nicht einfach zu gestalten. Jedes Mal
deutete sich eine neue Herausforderung an. |
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Es gibt Kunst mit viel Anspruch zu zeigen aus Hannover. Eine gesunde
Abwechslung der unterschiedlichen Ausdrucksweisen von jüngeren und
älteren Künstler:innen sollte das Programm vervollständigen. Bei
sechs Einzelausstellungen im Jahr erscheint die Umsetzung bei einer
solchen Künstlerschar, die Hannover zu bieten hat, recht mager.
Wonach wählt man eine Künstlerin aus? In den Genuss sollen alle kommen,
zumindest einmal. Um den Ansturm überschaubarer halten zu können, haben
wir festgelegt, dass wir auf die Künstler:innen zugehen
und sie ansprechen. Gerade diejenigen, die in Vergessenheit geraten
könnten,
auf die legen wir besonderen Wert.
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Für eine Retrospektive im großem Stil ist unser Platzangebot
wirklich nicht zu gebrauchen. Ein Thema aus der jeweiligen
künstlerischen Arbeit heraus, auf den Raum zugeschnitten, erscheint
uns sehr klug. Auch sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass
sich unser Ausstellungsort auf einem Friedhof befindet, dass wir ein
denkmalgeschütztes Haus aus dem Barock beleben und so mit gewissen
Einschränkungen leben müssen. Gleichzeitig ist das ganze Ambiente
dermaßen eindrucksvoll, dass es etwas besonderes ist, hier
ausstellen zu dürfen. Viele der Künstler:innen engagierten sich
übermäßig, unterstützten die Aufsichten oder boten Führungen,
brachten Interessierte außerhalb der Öffnungszeiten vorbei und
bedankten sich für die gute Betreuung durch die Vereinsmitglieder.
Andere waren begeistert, endlich dran zu sein, etwas vorzeigen zu
können und waren dann auch wieder verschwunden. Jeder hat die
Geschicke mit in seinen Händen. |
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Die Pandemie hat uns behindert, aber nicht bedroht. Im Zuge der
Schließung reagierten wir nach Außen: Mit einer strahlenden
Installation von Helmut Hennig. Zoom-Meetings als neue Form der
Ausstellungseröffnung waren für uns das reinste Experiment. Und es
ist gut gegangen, dank unserer erfahrenen Helfer:innen, die wir
mobilisieren konnten. Wir hatten das Glück, in diesem Moment die
Richtigen zu kennen und niemand hat uns hängenlassen. So konnten
sich Kunstinteressierte für die Ausstellungseröffnung von Katrin
Uthe aus ganz Deutschland zuschalten, bei Jorge La Guardia hatten wir
sogar reichlich Besuch aus Spanien. |
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Die Besuchszahlen haben wir gesteigert, der Verein ist als Kunstort
in Hannover akzeptiert und wird bewusst aufgesucht. Dabei hilft uns
die Scillapflanze im Frühjahr, die geöffneten Kunstorte zu Zinnober
oder das Wiederaufleben des Weihnachtsmarktes am Lindener Turm. Jede
Jahreszeit hat ihren Besucherstrom und wir garantieren mit unserem
Personal die Öffnungszeiten. Dementsprechend sind die Eintragungen
in unserem Ausstellungsbuch. Eigentlich viel zu viel der Belobigungen
und trotzdem so wichtig. Da fällt dann so ein einzelner Satz aus
unserem Buch: „Teilweise sind die Fische gut getroffen, die
Präsentation ist leider sehr lieblos“ doch etwas aus dem Rahmen.
Aus welchen Beweggründen es auch immer geschrieben wurde, wir machen
uns unsere Gedanken. |
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Über dreißig Künstler:innen haben wir in den fünf Jahren
ausgestellt und ich könnte zu jedem Ereignis eine Geschichte
erzählen: Bei Ulrike Enders war der Ausstellungsraum zu voll
gestellt, Birgit Wehmhoyer hat unsere Wendeltreppe berühmt gemacht,
Michael Kiener hat seine Kunst durch die Nase spüren lassen, Hela
Woernle hat uns mit Heiko Postma bekanntgemacht, Michaela Hanemann
und Helmut Hennig taten sich schwer, das Friedhofsamt ernst zu
nehmen, Christiane Mauthe war als erste von der Schließung betroffen
und bei Nigel Packham durften wir wieder feiern, wir hatten seine
Eröffnung auf seinen 70sten Geburtstag gelegt. Ralf Hansen ist für
Karl Johaentges eingesprungen und Andreas Petow hat für seine
Ausstellung vierzehn Portraits von Fischen gemalt. Auch wenn jetzt
nicht alle erwähnt worden sind. Wir hatten ein gemeinsames Erlebnis,
weil es um eine Ausstellung ging und jede Künstler:in, so ist jetzt
mein Gefühl, zur richtigen Zeit da war. Für manch einen gab es mit
etwas Verhandlungsgeschick einen Katalog von unserer Grafikerin
Melanie Rochow aus dem Vereinsverlag im Küchengartenpavillon.
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Ob sie Kunst mögen oder sie belächeln, sie sich von ihr provoziert
fühlen oder sie ihnen zu abgehoben vorkommt; ob sie ihnen wertvoll
erscheint oder sie die Preise für unerhört halten, Kunst ist zu
nichts zu gebrauchen, es sei denn, sie finden sie schön. |
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Wir wollen ihnen etwas bieten und haben uns auf hannoversche
Künstler:innen festgelegt. Das ist kein Qualitätsverlust, es ist ein
Angebot, und zwar das Beste was Hannover zu bieten hat. Dabei haben
wir alle großes Glück. Sie können sich die meisten Bilder leisten und
wir
können die Versicherungsprämien bezahlen. Der Verein Quartier e.V.
gibt der Kunst ihren Raum. Dabei ist er an der verkauften Kunst
nicht beteiligt und der Eintritt ist frei. Quartier e.V. wird für
sein Engagement von der Stadt Hannover unterstützt. Ohne dies können
wir es nicht leisten und wir würden es begrüßen, wenn es noch ein
paar Jahre so weiter geht. Ich jedenfalls habe mir noch fünf Jahre
vorgenommen. |
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Wir freuen
uns auf ihren Besuch.
Ulrich
Barth
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Linden,
den 17.
Dezember 2022 |
letzte Veränderung
dieser Seite: 16. Juli 2023 |